Frauenpolitik? Fehlanzeige!

13. Januar 2025

Aus frauen- und gleichstellungspolitischer Sicht drohen unter einer rechten FPÖ-ÖVP-Regierung drastische Rückschritte. Das zeigt bereits ein Blick auf die Verhandlungsteams.

51% der österreichischen Bevölkerung sind Frauen, aber bei den Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP beträgt der Frauenanteil gerade einmal 15%. Wenn die FPÖ und die ÖVP in den kommenden Wochen eine neue Regierung verhandeln, sitzen mit Susanne Fürst (FPÖ) und Claudia Plakolm (ÖVP) 2 Frauen sage und schreibe 11 Männern gegenüber. Es entscheiden also vor allem Männer über die Zukunft unseres Landes. Die Interessen und Bedürfnisse von Frauen werden dabei unter die Räder geraten, das haben ÖVP und FPÖ bereits zwischen 2017 und 2019 bewiesen.

 

Damals richteten ÖVP-FPÖ in der Frauen- und Gleichstellungspolitik massiven Schaden an. Sie kürzten das ohnehin schon mickrige Frauenbudget und entzogen wichtigen feministischen Initiativen die finanzielle Unterstützung. Davon betroffen war beispielsweise das 1983 in Wien gegründete feministische Magazin „an.schläge“. Das älteste feministische Magazin im deutschsprachigen Raum sollte abgewürgt, feministischer Journalismus mundtot gemacht und die kritische Kommentierung der frauenpolitischen Geisterbahnfahrt unter türkis-blau verhindert werden.

 

481.959 Menschen unterstützten zu dieser Zeit das Frauenvolksbegehren 2.0. – die damals amtierende ÖVP-Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß zählte nicht zu ihnen. Forderungen nach Lohntransparenz, einer fairen Verteilung unbezahlter Care-Arbeit oder dem österreichweiten Ausbau von Gewaltschutz und Gewaltprävention begegneten ÖVP und FPÖ damals offen ablehnend.

 

Schäden im Gewaltschutz

Statt für Verbesserungen zu sorgen, richteten sie im Gewaltschutz sogar Schaden an: Es war der damalige Innenminister und wahrscheinlich nächste Bundeskanzler Herbert Kickl höchstpersönlich, der mit den Hochrisikofall-Konferenzen eine seit Jahrzehnten gut etablierte Gewaltschutzmaßnahme abschaffte. Gewaltschutzexpert:innen liefen dagegen Sturm und stießen auf taube Ohren.

Es war nicht das erste Mal, dass die FPÖ Gewaltschutzexpert:innen mit einem Mangel an Respekt für ihre wichtige Arbeit begegnete. „Mittlerweile sind Frauenhäuser an der Zerstörung von Ehen und Partnerschaften maßgeblich beteiligt“, diskredierte FPÖ-Politikerin Brigitte Kashofer einst Frauenhäuser und damit für gewaltbetroffene Frauen überlebenswichtige Schutzunterkünfte.


In dieses Bild passen von führenden FPÖ-Politkern regelmäßig geäußerte Gewaltandrohungen gegenüber Politikerinnen anderer Parteien. „Wir werden sie die Peitsche spüren lassen“, drohte Harald Vilimsky, blauer Delegationsleiter im Europaparlament in Richtung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und der europäischen Zentralbankchefin Christine Lagarde. Auch bezeichnete er die drei Frauen als „politisches Hexentrio“. Solche frauenverachtende Ausritte führender FPÖ-Politiker bleiben in der Regel ohne Konsequenz. Die FPÖ trägt damit regelmäßig zur Normalisierung von Frauenfeindlichkeit und Gewalt bei.


Frauen werden auf ihre Gebärfähigkeit reduziert 

Von Herbert Kickl ist bekannt, dass er das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ablehnt. 2009 bezeichnete er Abtreibungen als „ideologische Perversion“ und „persönliche Willkür“. Im Handbuch freiheitlicher Politik wird die Gebärmutter als „Ort mit der höchsten Sterbewahrscheinlichkeit in unserem Land“ angeführt. Die FPÖ und Teile der ÖVP reduzieren Frauen auf ihre Gebärfähigkeit und bekämpfen das Recht auf weibliche Selbstbestimmung. Schikanöse Gesetze, die den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen österreichweit erschweren, sind zu befürchten. Der Blick nach Ungarn (ungewollt Schwangere werden vor einer Abtreibung dazu gezwungen, den Herzschlag des Embryos zu hören) oder Polen (dort gilt ein de facto Abtreibungsverbot) zeigt, was ungewollt Schwangeren droht, wenn die FPÖ und der katholisch-fundamentalistische Flügel der ÖVP ihre rückwärtsgewandte, frauenfeindliche Agenda durchsetzen.


Rückschritte sind auch beim dringend notwendigen Ausbau von Kinderbetreuung zu befürchten. In der Denke der FPÖ sind Mütter schließlich „die beste Kinderbetreuungseinrichtung“, wie es einst der FPÖ-Abgeordnete Wolfgang Zanger formulierte. Wird also von der Regierungsbank aus bald an der Renaissance längst überwunden geglaubter Rollenbilder aus den 1950ern gearbeitet, statt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu forcieren? Ja, denn was von ÖVP und FPÖ bereits in Vorarlberg, Salzburg, Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark vereinbart/umgesetzt wurde, kann auch auf den Bund überschwappen: „Herdprämien“. Anstatt strukturell in den Ausbau qualitativer Kinderbetreuung zu investieren, werden Mütter, die länger zu Hause bleiben, finanziell gefördert. Der Wiedereinstieg in den Job wird so erschwert, Frauen verharren zu Hause – und in der finanziellen Abhängigkeit des Partners.


Bei rechter Retro-Regierung drohen Verschlechterungen

Wenn die FPÖ und die ÖVP in den kommenden Wochen ihre rechte Retro-Regierung verhandeln und vereinbaren, in welchen Bereichen gespart bzw. in welche Bereiche investiert werden soll, drohen aus frauenpolitischer Sicht drastische Verschlechterungen in vielen Bereichen. Einen Vorgeschmack darauf war die heutige Pressekonferenz zum Budgetkonsolidierungspfad: ein all male-Panel erklärte süffisant, dass unter anderem auch bei der Bildungskarenz und damit auch bei den „Damen“ gespart werden müsse, in schlechten Zeiten müsse Mann schließlich den Gürtel enger schnallen.

 

Wir werden wachsam bleiben und nicht zulassen, dass uns die rückwärtsgewandten Rechten hart erkämpfte Frauenrechte nehmen!

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