„Pride kann man nicht verbieten. Freiheit auch nicht“ – Warum ich in Budapest war

30. Juni 2025

Ich bin letztes Wochenende zur Pride nach Budapest gereist – obwohl die Pride verboten war. Oder vielmehr: weil sie verboten war.

Ich war bei der Pride in Budapest. Weil Sichtbarkeit politisch ist. Weil Freiheit nicht verhandelbar ist. Weil ich als Europasprecherin Verantwortung trage – und als Teil der LGBTIQ-Community nicht schweigen werde, wenn queere Menschen aus dem öffentlichen Leben gedrängt, eingeschüchtert und bedroht werden.


Am Samstag waren wir 200.000 Menschen auf den Straßen von Budapest. Es war die größte Demonstration in Ungarn seit dem Ende des Kommunismus. Eine Demonstration der Liebe, des Mutes und der Solidarität – gegen Orbáns autoritäre, queerfeindliche Politik. Für ein Europa, das nicht wegschaut, wenn Grundrechte verletzt werden. Und für die einfache Wahrheit: „The first Pride was a riot.“ Und das gilt heute genauso wie damals.


Im Vorfeld wurden gezielt Ängste geschürt: Gegendemonstrationen von Neonazis wurden angekündigt, Angriffe mit Tränengas, Wasserwerfern oder sogar Säure waren zu befürchten. Viele hatten Angst. Aber wir sind trotzdem gekommen. Und was wir erlebt haben, war überwältigend: Entlang des Demozuges standen Tausende Menschen, die in Solidarität applaudierten, auf vielen Balkonen waren Regenbogenfahnen zu sehen und hunderte Kinder hatten aufgemalte Regenbogen auf ihren Händen und Gesichtern.


Ein anderes Ungarn ist möglich

Dass diese Pride überhaupt stattfinden konnte, war kein Zufall, sondern ein Akt politischer Courage: Der Grüne Bürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony, widersetzte sich öffentlich und entschieden gegen Orbáns Verbot gestellt. Er hat nicht nur symbolisch, sondern ganz konkret und real die Grundrechte der Europäischen Union verteidigt – und gezeigt, was es heißt, Verantwortung in schwierigen Zeiten zu übernehmen. Er öffnete die Stadt für die Pride, stellte sich dem autoritären Druck entgegen – und führte am Samstag selbst den Demozug durch seine Stadt an. Beim Empfang für internationale Gäste konnte ich ihm persönlich danken – für seinen Mut, seine Solidarität, seine klare Haltung.


Gergely Karácsony beweist: Ein anderes Ungarn ist nicht nur möglich – es existiert längst. Ein Ungarn, das auf Menschenwürde setzt statt auf Kontrolle. Auf Demokratie statt Repression. Und auf Solidarität statt Angst.

Der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony (m.) hat sich entschieden gegen Orbáns Verbot gestellt und hat am Samstag den Demozug angeführt.

Orbáns Sprache ist Kalkül

Nur einen Tag vor der Pride, sagt Viktor Orbán im ungarischen Fernsehen: „Die EU ist wie die Sowjetunion.“ Dieser Vergleich ist nicht nur absurd – er ist brandgefährlich. Wer so spricht, verharmlost das Leid von Millionen unter sowjetischer Diktatur. Die EU ist kein Unterdrückungsapparat, sondern ein freiwilliger Zusammenschluss demokratischer Staaten, gegründet auf Menschenrechten, Gleichstellung und Rechtsstaatlichkeit. Orbán tritt diese Werte mit Füßen – bewusst, systematisch, seit Jahren.


Und als wäre das nicht genug, bezeichnet er die Pride öffentlich als „ekelhaft und beschämend“. Diese Sprache ist keine Entgleisung – sie ist Kalkül. Sie entmenschlicht, schafft Angst, untergräbt Respekt. Und sie zeigt: Wer gegen queere Menschen hetzt, hat nicht nur ein Menschenrechtsproblem, sondern ein Demokratieproblem. Darum habe ich im Vorfelld der Pride bei einer Pressekonferenz eine klare Forderung gestellt:


 Kein Cent mehr aus Brüssel für autoritäre, queerfeindliche Politik.

 

Es darf keine EU-Gelder geben, die dazu beitragen, demokratische Institutionen abzubauen und Menschenrechte zu verletzen. Und es reicht nicht, wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor der Pride Videos postet, in denen sie Orban zur Raison ruft. Worte sind gut – aber sie reichen nicht. Orbán braucht politische Konsequenzen. Jetzt.


Wir bleiben laut

Wer Demokratien schwächen will, beginnt fast immer mit der Entrechtung von Minderheiten. Der Kampf gegen Queerfeindlichkeit ist also mehr als ein Kampf um gleiche Rechte – es ist ein Kampf um Demokratie selbst.


Ich bin stolz, Teil dieser Pride gewesen zu sein. Nicht trotz des Verbots – sondern gerade deshalb. Diese Pride war Protest. Widerstand. Liebe. Und ein starkes Versprechen: Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen. Wir bleiben laut. Brave and proud.

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